Maria – Arche des Bundes
Fatima-SŸhnemesse in Loreto
Liebe GlŠubige!
Es ist so schwer, von Monat zu
Monat am 13. Immer ein passendes Thema zu finden, das zur Fatima-SŸhnemesse
dazu passt und zugleich zum Nachdenken stimmt, im heute so verunsicherten Glauben
stŠrkt und Mut macht zum Durchhalten im wahren, unverfŠlschten und unverkŸrzten
Glauben. Beim Nachdenken Ÿber ein passendes Predigtthema blieb ich beim
Gedanken an das nŠchste Marienfest hŠngen, das wir im Februar feiern, am 2.
Februar; dieses Fest, das wir bisher so schšn MariŠ Lichtmess genannt haben,
wird jetzt als Christusfest, als Fest der ãDarstellung des HerrnÒ gefeiert. Es
geht dabei jedenfalls um den Tempelgang Mariens zur Darbringung des gšttlichen Kindes.
(Dabei wŠre es sinnvoll, etwa Ÿber die verschiedenen GŠnge Mariens eine
Betrachtung anzustellen: Mariens Gang von Nazareth nach Bethlehem – es
war ein Gang des Gehorsams, wie das Gesetz es befahl: das Gesetz des Kaisers
Augustus zur VolkszŠhlung! Dann Mariens Gang von Bethlehem nach Jerusalem in
den Tempel – es war ein Opfergang. Und wir kšnnten die pilgernde
Gottesmutter weiter betrachten bis hin zu ihrem Gang nach Golgotha hinauf: die
Via dolorosa, der Kreuzweg mit der 4. Station: Jesus begegnet seiner betrŸbten
Mutter ...; und mit der 13. Station: Jesu Leichnam wird in den Scho§ seiner
schmerzvollen Mutter gelegt. DafŸr kann dann aber schlie§lich auch Mariens
Heimgang auf dem Berg Sion in Jerusalem, wo heute die schšne Dormitio-Kirche
der Beuroner Benediktinermšnche steht ... Und schlie§lich der Eingang Mariens in
die himmlische Herrlichkeit mit Seele und Leib in der Assumptio (in der
leiblichen Aufnahme in den Himmel.)
Aber bleiben wir bei Maria
Lichtmess: Beim 3. Geheimnis des freudenreichen Rosenkranzes: ãJesus, den du o
Jungfrau im Tempel aufgeopfert hast.Ò Man kšnnte dabei zuerst an die Begegnung
Mariens mit dem greisen Simeon auf dem weiten Tempelplatz in Jerusalem denken:
Es ist zunŠchst die Begegnung eines greises mit einer jungen Mutter und ihrem
40 Tage alten Kind. Der Greis – Simeon mit Namen – ist eine
wahrhaft ehrfurchtgebietende Erscheinung. ãSeinen zitternden HŠnden kann der
Pilgerstab dieses Erdenlebens jeden Augenblick entgleiten. Er ist wie eine
reife Frucht im Herbst, die sich jeden Augenblick vom Baum lšsen kann. Er ist
wie eine …llampe, die den letzten …l-Vorrat aufgezehrt hat und im nŠchsten
Moment erlšschen wird. Alle in Jerusalem kennen diesen Greis. Immer ist er in
der NŠhe des Tempels. Er gehšrt zum Tempel, fast wie der siebenarmige Leuchter
und die heiligen GerŠte. Jeden Tag sieht man ihn zum Tempel gehen, morgens,
wenn die Sonne aufgeht und abends wenn die Sonne untergeht. Immer steht er dann
oben auf der marmornen Treppe, die zum Nikanortor fŸhrt und schaut
traumverloren ins Land, als suche er jemand, als warte er auf etwas.
Lukas sagt von ihm: ãEr war
gerecht und gottesfŸrchtig und harrte auf den Trost Israels, und der Hl. Geist
war mit ihm. Er hatte vom Hl. Geist die Offenbarung erhalten, er werden den Tod
nicht schauen, bevor er den Gesalbten des Herrn gesehen habeÒ (Lk 2,25 f) ...
TagtŠglich las er in der Hl. Schrift die Stellen nach, die vom Kommen des
Messias reden. Die BŸcher des AT waren ihm nicht fremd, sie waren ihm
wohlvertraut. ER war in ihnen zu Hause, er war darin nicht ein Fremdling wie
Herodes, der erst die Schriftgelehrten zusammenrufen musste, um zu erfahren,
was der Prophet MichŠas (5,1-4)
Ÿber Bethlehem, die Geburtsstadt des Messias, sagt. Er las die Hl. Schrift auch
nicht voreingenommen wie die Schriftgelehrten, die ihr eigenes,
politisch-nationales Messias-Bild in die heiligen Texte hineinprojizierten.
Nein, er betrachtete die Schrifttexte betend und durchbetete sie betrachtend,
so wie man eben das Wort Gottes in der Hl. Schrift lesen sollte. Aus der Hl.
Schrift hat sich der greise Simeon seine Auffassung von Christus, vom Messias
geholt. Er wusste auch, was darin vom Leiden des Messias geschrieben steht. So
offen war sein Herz in der Erwartung des Messias, dass er fŠhig war, die innere
Stimme des Hl. Geistes und ihre Verhei§ung zu vernehmen, ãer werden den Tod nicht
schauen, bevor er den Gesalbten des Herrn gesehen habeÒ (Lk 2,26).
So horchte und gehorchte er auch
an jenem Tag, da ihm die Stimme des Hl. Geistes das beseligende ãNunc –
nun (jetzt)Ò zusprach: ãJetzt ist es so weit!Ò Am Nikanortor
traf er die Mutter und das Kind der Verhei§ung. Voll Freude nahm er es auf
seine Arme und sprach voll heiliger Ergriffenheit den unsterblichen Lobgesang,
den uns der Evangelist Lukas aufgeschrieben hat: ãNun lŠsst du, Her, deinen
Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das
Heil gesehen, das du bereitet hast vor allen Všlkern, ein Licht, das die Heiden
erleuchtet und Herrlichkeit fŸr dein Volk Israel.Ò
Dieser Lobgesang des greisen
Simeon hat zwei Teile: der 1. Teil ist ein Abschiedsgru§ an diese Welt, das
Abendgebet nach einem langen Leben, das kurze Amen auf das lange Gebet seines
Lebens. Der 2. Teil (Lk 2,30-32) ist der Morgengru§ an den Messias und Erlšser,
ein Ausblick auf seine universale Zukunftsaufgabe. Unter dreifachem Gesichtspunkt
begrŸ§t der greise Simeon im Kind Mariens den neugeborenen Erlšser: (1) als
ãdas Heil der WeltÒ, (2) als ein Licht zur Erleuchtung der HeidenÒ und (3) als
ãRuhm des Volkes IsraelÒ. Der Messias – so erkennt es der greise Simeon
– ist nicht der Messias der engen jŸdisch-nationalen Auffassung, der nur
fŸr die Juden kommen soll, sondern er ist der Heiland, der als Licht der ganzen
Welt kommt; weltweit ist seine Sendung, sie gilt den Juden und den Heiden. Es ist
ein gro§artiges Christusbild, das hier aufleuchtet und das das Ergebnis des
Meditierens eines Mannes ist, der jahrelang, jahrzehntelang Ÿber das Wort
Gottes in der Hl. Schrift meditiert hat! Wie viel kšnnten daraus Menschen,
gerade auch alte Menschen lernen: nicht irgendetwas lesen, nicht sich mit
armseliger LektŸre der Illustrierten und ihrer Sensationsgeschichten und
Skandalgeschichten zufrieden geben, sondern das Buch der BŸcher lesen, die Hl.
Schrift und Ÿber das Wort Gottes meditieren bei Tag und in den lang werdenden
schlaflosen NŠchten. So hat es jedenfalls der greise Simeon gemacht ... Er
drang mit Hilfe des Hl. Geistes immer mehr in den wahren, echten Sinn der Hl.
Schrift ein und wurde dabei zu einem geisterfŸllten Mann prophetischer Schau.
An drei Stellen spricht der
Evangelist Lukas (2,25.26.27) in Verbindung mit dem greisen Simeon vom Hl.
Geist. So schreibt Lukas vom greisen Simeon: ãDer Hl. Geist ruhte auf ihm; und
dann wieder: ãEr hatte vom Hl. Geist die Offenbarung erhaltenÒ und dann
nochmals: ãAuf Antrieb des Hl. Geistes kam er (Simeon) in den Tempel...Ò
Wie mšgen Maria und Joseph
gelauscht haben, als der alte Mann so gro§e Dinge von ihrem Kind verkŸndete!
Aber noch bevor sie sich aus
ihrem Staunen recht erholt hatten, begann der greise Simeon von neuem zu
sprechen.
Mit prophetischer Feierlichkeit
sprach er, zu Maria gewandt (Lk 2,34-35):
ãSiehe, dieser ist gesetzt zum
Fall und zur Auferstehung vieler in Israel und zu einem Zeichen, dem
widersprochen wird. Und auch deine eigene Seele wird ein Schwert durchdringen,
damit offenbar werden aus den Herzen vieler deren Gedanken!Ò
Ein Zweifaches verkŸndete der
greise Seher: (1) das Schicksal des Kindes und (2) das Schicksal der Mutter des
Kindes. Beide, das Schicksal des Kindes und das der Mutter, sind miteinander
engstens verbunden wie die Balken des Kreuzes.
Der 1. Teil der Weissagung des
greisen Simeon deutet auf das Leiden des Sohnes Mariens. An ihm kann niemand
neutral vorŸbergehen. Die einen wird er zur Auferstehung fŸhren, die anderen zu
Fall bringen, den einen wird er zum Segen, den anderen zum Fluch, den einen zum
Heil, den anderen zur Katastrophe werden. Immer aber bleibt er, der Sohn
Mariens, das aktuellste Thema der Heils- und Weltgeschichte...
Der 2. Teil der Weissagung des
greisen Simeon weist auf das Mitleiden der Mutter des Messias hin: ãUnd auch
deine Seele wird ein Schwert durchdringenÒ. IN diesem ãundÒ sind die Leiden von
Mutter und Sohn verbunden, gleichsam zusammengebunden. Das Weh und Leid des
Sohnes wird wie ein Schwert die Seele der Mutter durchdringen.
Simeon hat den Auftrag Gottes
erfŸllt, prophetisch auf das zukŸnftige erlšserwirken des Kindes hinzuweisen.
Nun tritt er wieder zurŸck in seine Verborgenheit. Die Hl. Schrift sagt weiter
ein Wort mehr Ÿber ihn; er selber hat Ÿber den sicher ganz kurzen,
kleinwinzigen Rest seines weiteren Lebens ja schon das Abendgebet gesprochen,
das die Kirche jeden Tag in ihrem liturgischen Abendgebet (Completorium)
verwendet:
ãNun lŠsst du, Herr, deinen
Knecht – wie du gesagt hast – in Frieden scheiden, denn meine Augen
haben das Heil gesehen ...Ò
Wenden wir uns nun genauer der
Betrachtung von Mutter und Kind zu. Was tat Maria damals? Der offizielle Name
des Festes ãDarstellung des HerrnÒ sagt es uns: mir sagt der lateinische Name
fŸr dieses Fest noch mehr: ãPraesentatio DominiÒ. Gewiss, man kann das ganz
richtig mit ãDarstellung des HerrnÒ (Darstellung Jesu im Tempel) Ÿbersetzen.
Aber man sollte dabei die ursprŸngliche Bedeutung des lateinischen Wortes
ãpraesentatioÒ nicht Ÿbersehen: es steckt darin das lateinische Wort ãpraesensÒ
(=gegenwŠrtig, prŠsent) darin, also GegenwŠrtigsetzung im Tempel, wobei dem
himmlischen Vater das 40tŠgige gšttliche Kind zum PrŠsent gemacht wurde durch
Maria.
Bleiben wir zuerst bei dieser so
gesehenen ãPraesentatioÒ = GegenwŠrtigsetzung im Tempel. Etwas wurde im Tempel
wieder gegenwŠrtiggesetzt, was ihm seit Jahrhunderten abging. Etwas ganz
Zentrales war seit Jahrhunderten nicht mehr im Tempel gegenwŠrtig: Die
Bundeslade fehlte im Allerheiligsten des Tempels.
Das muss man sich aus der
bewegten Geschichte des Volkes Israel klarmachen: UnzŠhlige Male hatte Gott
durch den Mund seiner Propheten das hartnŠckig verstockte, abtrŸnnige Volk
Israel gewarnt, gemahnt, zur Umkehr aufgefordert. Alles blieb fruchtlos. Da
brach Gottes Strafgericht herein: Jerusalem wurde erobert. Der Tempel wurde
nach einem Bestand von 418 Jahren zerstšrt, das Volk in die babylonische
Gefangenschaft abgeschleppt. Nur so viel gelang damals noch dem Propheten
Jeremias: Die Bundeslade konnte er noch retten und in einer Hšhle des Berges
Nebo verstecken (vgl. 2. Makk 2,4 ff).
Seither aber war die
alttestamentliche Bundeslade verschwunden. Selbst als die Israeliten 70 Jahre
spŠter aus der Gefangenschaft in Babylon nach PalŠstina zurŸckkehrten und den
Tempel wieder aufbauten, blieb die Bundeslade verschwunden. Sie fehlte im
Allerheiligsten.
Nun aber kam sie in den Tempel:
die neutestamentliche, die wahre Bundeslade: Maria mit ihrem gšttlichen Kinde!
Stellen wir da einmal einen
Vergleich an zwischen der alttestamentlichen und der neutestamentlichen Bundeslade
... Zur Veranschaulichung darf ich Sie da einladen, im Geiste einen Teil meiner
ersten Hl. Land-Pilgerfahrt mitzumachen. Es ist zwar schon lange her. Aber ich
denke immer noch mit innerer Ergriffenheit daran zurŸck. Wir fuhren am 29. Dez.
1953 von Tel Aviv-Jaffa Richtung Jerusalem. Die Fahrt ging in einem klapprigen
Autobus durch die kahlen, šden, ãsteinreichenÒ berge von JudŠa, durch jene
Gegend, von der der dichter Ludwig Uhland in seiner ãschwŠbischen KundeÒ so
treffend zu erzŠhlen wei§: ãAls Kaiser Rotbart lobesam/ zum HeilÕgen Land
gezogen kam,/ da musstÔ er mit dem frommen Heer/ durch ein Gebirge, wŸst und
leer. / Daselbst erhub sich gro§e Not/ viele Steine gabÕs und wenig Brot / und
mancher deutsche Reitersmann / hat dort den Trunk sich abgetan ...Ò. Wir kamen
da in den Bergen JudŠas in einen Ort mit dem nicht gerade schšnen heutigen
Namen ãAbu GoschÒ, benannt nach einem arabischen RŠuberhauptmann aus dem
vorigen Jahrhundert ... Dieser arabische RŠuberhauptmann hatte es uns aber
nicht angetan. Vielmehr galt unsere ganze Aufmerksamkeit einer Kirche oberhalb
von Abu Gosch auf einem Berg. Dort war einst der alttestamentliche Ort
Kariath-Jarim, wo im Hause eines gewissen Abinadab die Bundeslade 20 Jahre lang
aufbewahrt wurde, nachdem sie auf recht seltsame Weise von den feindlichen
Philistern zurŸckgekommen war. Das 1. Buch Samuel Kapitel 6 und 7 berichtet
darŸber: Unter dem Hohenpriester Heli und seinen verkommenen Sšhnen hatten die
Philister das israelitische Land immer mehr und mehr besetzt. Das rief im Volk
Israel Reaktionen hervor. Israel zog schlie§lich mit starken militŠrischen
KrŠften gegen die Philister zu Feld, wurde aber geschlagen. 4000 Tote blieben
auf dem Schlachtfeld liegen. Die Niederlage war zwar nicht entscheidend, aber
doch sehr ernst. Da nahmen die geschlagenen Israeliten ihre Zuflucht zu einem
Mittel, das ihnen – wie sie meinten – unfehlbar sicher den Sieg
Ÿber den Philister bringen wŸrde: Sie holten die Bundeslade von Silo ins
israelitische Heerlager. Es kam erneut zur Schlacht mit den Philistern. Israel
wurde neuerdings geschlagen und lie§ diesmal nicht nur 30.000 Tote auf dem
Schlachtfeld, sondern verlor auch die Bundeslade, die eine Kriegsbeute der
Philister wurde. Noch nie war ein Šhnliches UnglŸck Ÿber das alttestamentliche
Volk Gottes hereingebrochen. Der Feind, der Philister war ŸbermŠchtig und
triumphierte. Die Philister brachten die Bundeslade als grš§te SiegestrophŠe
nach Ashdod und stellten sie dort im Tempel ihres Gottes Dagon auf. Hier kam es
nun gleichsam zur Auseinandersetzung zwischen dem wahren Gott und dem Gštzen
Dagon. Am Tag nach der Aufstellung der Bundeslade im Tempel des Gštzen Dagon
fand man nŠmlich die Statue des Dagon vor der Bundeslade auf dem Boden liegend.
Man stellte die Statue wieder auf ihren Platz. Aber am folgenden Tag fand man
die Statue wieder auf dem Boden liegend, diesmal mit abgebrochenem Kopf und
abgebrochenen Armen. Gleichzeitig setzten bei den Philistern Plagen ein,
Hungersnot und Epidemien. Man wollte nun die Bundeslade, der von den Philistern
dieses UnglŸck zugeschrieben wurde, so rasch als mšglich abschieben. Man
brachte sie von einem Ort zum anderen. †berall UnglŸck und Katastrophen. So lud
man zuletzt die Bundeslade auf einen mit Ochsen bespannten, fŸhrerlosen Wagen.
Das Gespann schlug die Richtung zum israelitischen Gebiet ein. So kam die
Bundeslade nach 7 Monaten wieder nach Israel zurŸck. Und weil Silo, wo die
Bundeslade ursprŸnglich aufgestellt war, kriegszerstšrt war, stellte man sie in
Kariath-Jarim, dem heutigen Abu Ghosh, im Hause Abinadabs auf. Zwanzig Jahre
blieb die Bundeslade hier, bis sie David nach Sion Ÿbertragen lie§. Von dort
kam sie dann in den von Salomo neu erbauten Tempel in Jerusalem.
Nun, zu jener Anhšhe pilgerten
wir damals vor vielen Jahren hinauf, bevor unsere Fahrt nach Jerusalem auf den
Berg Sion weiterging.
Dort, auf jener Anhšhe in Abu
Ghosh, steht jetzt eine sehr schšne, gerŠumige Kirche, geweiht Maria, der Arche
des Bundes, der neutestamentlichen Bundeslade. Diese Kirche hat einen hohen
mŠchtigen Turm. Auf ihm ist ganz oben nicht wie sonst gewšhnlich ein Kreuz,
sondern eine Statue Mariens, wie sie mit ausgestreckten Armen ihr gšttliches
Kind in Richtung auf Jerusalem hin hinaufhŠlt. Wir beteten damals die
Lauretanische Litanei. Dann erklŠrte uns ein franzšsischer Pater, der
Kirchenrektor jener Kirche, sehr fein den Vergleich zwischen der
alttestamentlichen und der neutestamentlichen Bundeslade: Maria. Sie ist durch
die Menschwerdung des Sohnes Gottes unter ihrem jungfrŠulichen Herzen zur
wahren, wirklichen, eigentlichen Bundeslade geworden, da der menschgewordene
Sohn Gottes neun Monate lang in ihrem jungfrŠulichen Scho§ weilte und von da
aus sich vom ersten Augenblick seiner irdischen Existenz an dem himmlischen
Vater als Opfergabe, als SŸhnegabe anbot in unendlich wertvollen Akten der
Liebe und der Hingabe an den Willen des Vaters. Maria aber, die Bundeslade,
stimmte mit diesen Liebesakten des Kindes unter ihrem unbefleckten Herzen
vollstŠndig Ÿberein. Sie sprach ja nicht nur zur Menschwerdung des Sohnes Gottes
ihr ãFiat mihi ...Ò, sie sprach es immer wieder, besonders da, wo sich die
Menschwerdung des Sohnes Gottes zur Erlšsung und EntsŸhnung der Menschheit und
zur Verherrlichung des himmlischen Vaters auswirken sollte, eben im Opfer.
Von jener Anhšhe in Abu Ghosh,
dem alttestamentlichen Kariath-Jarim, hat man den ersten Blick hinŸber auf die
hochgebaute heilige Stadt Jerusalem und auf den Berg Sion...
So konnten wir damals im Geiste
den Weg verfolgen, den die Bundeslade dann unter Kšnig David zog, hinŸber auf den
Berg Sion, wie es im Psalm 131 besungen wird. Und dann von Sion in den
salomonischen Tempel.
Unsere Gedanken aber gehen jetzt
weiter zur neutestamentlichen, wahren Bundeslade, wie sie in den Tempel kam bei
der ãPraesentatio Dni Nostri Jesu ChristiÒ, bei der Darstellung Jesu im Tempel
...
Versuchen wir jetzt noch genauer
den Vergleich anzustellen zwischen der alttestamentlichen und der
neutestamentlichen Bundeslade und ihrem Schicksal:
1.
Die
Beschaffenheit der alttestamentlichen Bundeslade:
Sie war ein viereckiger
Kasten aus ganz kostbarem, angeblich unverweslichem Akazienholz, au§en und
innen mit reinstem Gold Ÿberzogen. Am oberen Rand lief ein goldener Kranz.
Unten an den Schmalseiten waren Ringe fŸr die Tragbalken, die nie entfernt
werden durften.
Worin der wahre
Wert der alttestamentlichen Bundeslade bestand? Es war die hohe Bestimmung, fŸr
die der Herr sie erwŠhlt hatte: Sie sollte Thron des unsichtbaren, aber hier in
ganz besonderer Weise gegenwŠrtigen Gottes sein. Und sie sollte die beiden
Gesetzestafeln in sich bergen, die der Herr auf Sinai dem Moses Ÿbergeben hatte
zum Zeugnis des Bundes zwischen Gott und seinem auserwŠhlten Volke.
2.
Das Schicksal
der alttestamentlichen Bundeslade:
FŸr die Kinder
Israels war die Bundeslade immer das erste und hšchste Heiligtum des ganzen
Volkes. Angefangen am Fu§ des Berges Sinai, wo die Bundeslade erbaut worden
war, ist sie immer die bestŠndige Begleiterin des auserwŠhlten Volkes gewesen.
Als Zeichen gšttlicher Huld und Macht teilte sich vor der Bundeslade der Jordan,
sodass das Volk trockenen Fu§es hinŸberziehen konnte, hinein ins Gelobte Land
(vgl. Josue c.3).
In allen Heimsuchungen und Schwierigkeiten wandte
man sich immer um Hilfe und Rat an die Bundeslade. Die Gegenwart der Bundeslade
inmitten des israelitischen Kriegsheeres galt als sicherstes Unterpfand der
gšttlichen Hilfe und des Sieges. Ihre Anwesenheit versetzte das israelitische
Volk in Jubel, die Feinde aber in Schrecken. Der grš§te Jammer und der
furchtbarste Schlag fŸr Israel war es, wenn die Bundeslade verlorenging, wie in
den Tagen des Hohenpriesters Heli, als sie in die Gewalt der Philister fiel.
Den Feinden Gottes aber wurde die Bundeslade zur
entsetzlichen ZŸchtigung: Die Gštzen stŸrzten, Krankheit, Seuche, Hungersnot,
Katastrophen kamen daher.
Unehrerbietigkeit gegen die Bundeslade strafte der
Herr in schonungsloser Weise (vgl. 1 Kšn 6,18). Oza musste eine ungeziemende
BerŸhrung der Bundeslade sogar auf der Stelle mit dem Tod bŸ§en (vgl. 2 Kšn
6,6). Wo aber die Bundeslade in Ehren gehalten wurde und mit gebŸhrender
HochschŠtzung und Ehrfurcht aufgenommen wurde (wie im Haus des Obed-Edom), da
weilte Gottes Gnade und Gottes reichster Segen Ÿber einem Hause.
Der Vergleich zwischen der alttestamentlichen
Bundeslade und der neutestamentlichen: Maria, vom dreifaltigen Gott als wahre
Bundeslade von Ewigkeit her geplant und entworfen; nicht aus unverweslichem
Akazienholz gefertigt wie die alttestamentliche Bundeslade und doch aus
unverweslichem Stoff .. Nie vom Wurm der SŸnde angenagt – denken wir an die
Unbefleckte EmpfŠngnis Mariens! – und darum eben auch unverweslich:
Aufnahme Mariens in die himmlische Herrlichkeit mit Seele und Leib gleich am
Ende ihres Erdenlebens!
Innen und au§en war die alttestamentliche
Bundeslade mit purem Gold bedeckt: Maria aber, die neutestamentliche
Bundeslade, war vom Gold der gšttlichen Gnade Ÿber und Ÿber bedeckt, voll der
Gnade, gratia plena!
Und der Inhalt der Bundeslade: es waren die
Gesetzestafeln bei der alttestamentlichen Bundeslade, bei der
neutestamentlichen Bundeslade ist es der Gesetzgeber selbst, nicht das
alttestamentliche Gesetz, sondern das neutestamentliche Gesetz der doppelten
Liebe im Evangelium. Nicht blo§ Gottes stimme, sondern das fleischgewordene
personale ewige Wort Gottes barg die neutestamentliche Bundeslade in sich!
Und diese neutestamentliche Bundeslade ist
unzertrennlich verknŸpft mit dem Geschick des neutestamentlichen Bundesvolkes:
WŠhrend des Pilgerweges Jesu durch die WŸste des
Erdenlebens (von Nazareth nach Bethlehem, von Bethlehem nach Jerusalem und
zurŸck nach Bethlehem, von Bethlehem nach €gypten, von €gypten nach Nazareth),
da weilte der menschgewordene Sohn Gottes immer in oder bei seiner Mutter, der
Herr und die Bundeslade vereint. Und als er sich dann fŸr die drei Jahre seiner
šffentlichen LehrtŠtigkeit von Maria trennte, da durfte aber doch dann als der
Herr sich anschickte, durch den Strom der Leidensflut hindurchzuziehen, die
Bundeslade Maria nicht fehlen. Dort, wo die Entscheidungsschlacht gegen die
feindlichen Philister, den Teufel und seinen Anhang geschlagen wurde, oben auf
Golgotha, da war auch die neutestamentliche Bundeslade auf dem Kampfplatz:
Maria stand unter dem Kreuz auf Golgotha.
Und alle Jahrhunderte hindurch, angefangen von der
Urkirche auf dem Sionsberg im Abendmahlssaal bei der pfingstlichen Herabkunft
des Hl. Geistes bis in unsere Tage: Maria, die neutestamentliche Bundeslade,
ist gleich der alttestamentlichen immer ãdie StŠrke des Volkes GottesÒ, die
ãHilfe der ChristenÒ, die ãMutter der KircheÒ.
Und wo immer die jungfrŠuliche Gottesmutter Maria,
die neutestamentliche Bundeslade, in Ehren gehalten wird, wo ihr wahre Liebe
und Verehrung entgegenschlŠgt, da ist Heil und Segen, Freude und Frieden: sie
ist ãdie Ursache unserer FreudeÒ, das Heil der Kranken, die Zuflucht der SŸnder,
die Tršsterin der BetrŸbten, wie wir Maria in der Lauretanischen Litanei
nennen, nachdem wir sie vorher als ãArche des BundesÒ angefleht hatten.
Vor diesem Heiligtum, vor der neutestamentlichen
Bundeslade stŸrzen die Gštzen der Leidenschaft und des Lasters – denken
wir nur an den unsagbar gro§en Wert der Marienverehrung in den StŸrmen und
Versuchungen der Jugendzeit! P. Ludwig Eschs J hat das vor Jahren in seinem
Buch ãMaria und die JugendÒ in einer Unzahl von Beispielen aufgezeigt! Und wo
Maria, die neutestamentliche Bundeslade, in Ehren gehalten wird und an ihre
GnadenvorzŸge geglaubt wird, da stŸrzen auch die Gštzen der Irrlehre und des
Unglaubens: ãTu cunctas haereses sola interemisti in universo mundoÒ, singt die
Kirche in ihrer Liturgie von Maria!
David holte die alttestamentliche Bundeslade heim:
von Kariath-Jarim auf den Berg Sion. Der Sohn Davids, Christus, holte die
neutestamentliche Bundeslade, Maria, heim vom Berg Sion des irdischen Jerusalem
in das himmlische Jerusalem, wie es in der Apokalypse 11,19 hei§t: ãUnd es tat
der Tempel Gottes im Himmel sich auf und die Lade seines Bundes wurde sichtbar
in seinem TempelÒ.
Schlie§en wir mit der Bitte an Gott, er mšge es
nicht zulassen, dass in unseren
HeiligtŸmern, in unseren Kirchen, in unseren Gemeinden und Familien die
neutestamentliche Bundeslade jemals fehlt: Maria und die Liebe und Verehrung zu
ihr, die uns den Herrn gebracht und uns zu ihm bringen mšchte.
In einem herzlichen ZwiegesprŠch wollen wir uns an
diesem Fatimatag wieder Maria und ihrem
unbefleckten Herzen weihen und ihr und ihrem gšttlichen Sohn unsere Dienste
anbieten, weil ja unsere Losung in all unserer Marienverehrung lauten muss: per
Mariam ad Jesum, per Jesum ad Patrem! Durch Maria zu Jesus, durch Jesus zum
Vater.
Schlie§en kšnnten wir mit dem Psalm 131, den David
gedichtet hat zur †bertragung der Bundeslade von Kariath-Jarim weg auf den
Sionsberg! Denken wir dabei nochmals an die neutestamentliche Bundeslade und
ihren unendlich kostbaren Inhalt: Jesus und Maria!
Im Psalm 131 hei§t es: ãErhebe dich, Jahwe, zum Ort
deiner Ruhe, du und deine machtvolle Bundeslade. Deine Priester sollen sich in
Gerechtigkeit kleiden, deine Getreuen sollen frohlocken in Freude ...
Jahwe hat Sion erwŠhlt, auserkoren zu seiner
Wohnstatt. ãDies ist der Ort meiner Ruhe auf ewig, hier will ich wohnen, ihn
habe ich mir erkoren.
... Meine Priester will ich umkleiden mit Heil,
meine Getreuen sollen jauchzen, ja jauchzen... meine Feinde aber will ich
bedecken mit Schmach.Ò